„Denn wir tragen ja das Leder…“
In unserer heutigen Zeit wird gern übersehen, dass der Bergbau neben der Landwirtschaft für die ganze Menschheit der wichtigste Berufsstand ist. Gerade der Bergbau hat nicht nur das Ausmaß des materiellen Reichtums bewirkt, sondern das Weltbild ganz entscheidend mitgeprägt, bedeutende kulturellen Leistungen ebenso hervorgebracht wie den interethnischen Austausch gefördert.
In der Wahrnehmung von heute kommt der Strom aus der Steckdose, alle Informationen von Google und die Kuh ist lila. Da nimmt es natürlich nicht Wunder, wenn über eine der Grundlagen allen Lebens, die Rohstoffe und ihre Herkunft, eine breite Unkenntnis im Lande herrscht. Auch der Bergverein zu Hüttenrode hat mit den bisher vorgelegten Büchern der Hüttenröder Edition versucht, der Geschichte eines bedeutenden Harzer Bergrevieres nachzuspüren. Aber immer wieder fehlte etwas und das ist eigentlich das Entscheidene; es sind die Erlebnisse und Erfahrungswerte welche die Bergleute, die vor Ort arbeiteten, ihr eigen nannten. Es ist die Tragik des Berufsstandes der Hauer, dass von denen kaum einer etwas zu Papier brachte. Denn sie haben es erlebt, wenn der Berg zusammenbrach oder wenn Wassereinbrüche zur Katastrophe wurden. Sie waren dabei, haben ihre Haut zu Markte getragen. Sie wussten genau, worüber sie redeten. Wenn wir nun ein Buch mit bergmännischen Geschichten vorlegen, so ist durch das vorher Gesagte klarer geworden, was der Herausgeber damit beabsichtigt. Ja, vielleicht wird hier und da einigen Bergleuten ein kleines Denkmal gesetzt und gelegentlich wird sich jemand wiedererkennen. Wichtiger ist es, dass der Leser mitgenommen wird, auf eine Grubenfahrt bis an die Ortsbrust. Er soll mit uns eindringen in die arbeiterliche Welt der Kumpels, der Steiger, Hauer, Förderleute und Grubenhandwerker. Da geht es derb zu, denn Diplomatie ist die Stärke der Kumpel nicht. Viele dieser Erzählungen haben das Zeug zu modernen Sagen.
Die alten Sagen sind sicher auch nicht viel anders entstanden. Wir finden darin die Befindlichkeit eines ganzen Landstriches; des Harzgebirges, dessen Bewohner viele Erfindungen für Bergbau, Metallurgie, Geologie und Mineralogie beigesteuert haben. Dabei haben die Harzer im beständigen Austausch mit anderen Regionen gestanden, beispielhaft dem Siegerland oder dem Erzgebirge. Auch nach Übersee zog es den Harzer Bergmann, sei es aus Entdeckerlust oder purer Not. Amerika und Australien waren bevorzugte Auswanderungsziele. Sicher werden sie auch dort Proben des köstlichen Harzer Humors zum Besten gegeben haben.